Abgabe von Tierarzneimittel an Tierhalter

Nur mal schnell ein Medikament beim Tierarzt abholen…

 

So einfach ist es in vielen Fällen leider nicht. Wir Tierärzte sind an verschiedene Gesetze gebunden und immer wieder kommen neue oder strengere Verordnungen hinzu. Hält sich ein Tierarzt nicht daran, kann er strafrechtlich belangt werden. Wir möchten Tierbesitzer über die Gründe, weshalb Ihnen die Herausgabe eines apotheken- oder verschreibungspflichtigen Medikaments ohne Untersuchung des Tieres verweigert wird, einmal erläutern. Besonders häufig betrifft dies Präparate für Augen und Ohren, vorauf wir besonders noch eingehen werden.

 

So steht in der TÄHAV, der Verordnung über die tierärztliche Hausapotheke:

 

  • 12 Abgabe der Arzneimittel an Tierhalter durch Tierärzte

 

(1) Arzneimittel, die für den Verkehr außerhalb der Apotheken nicht freigegebene Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen enthalten oder auf Grund ihres Verabreichungsweges oder ihrer Indikation apothekenpflichtig sind, dürfen von Tierärzten an Tierhalter nur im Rahmen einer ordnungsgemäßen Behandlung von Tieren oder Tierbeständen abgegeben werden.

2) Eine Behandlung im Sinne des Absatzes 1 schließt insbesondere ein, dass nach den Regeln der tierärztlichen Wissenschaft

  1.  die Tiere oder der Tierbestand in angemessenem Umfang untersucht worden sind und
  2.  die Anwendung der Arzneimittel und der Behandlungserfolg vom Tierarzt kontrolliert werden

 

Besonders sensibel muss mit Antibiotika umgegangen werden, so steht im Arzneimittelgesetz:

 

“Antibiotika sind das wichtigste Instrument zur Behandlung von bakteriellen Infektionskrankheiten. Jedoch nehmen auch in Deutschland die Fälle von Antibiotika–Resistenzen zu. Dadurch können Medikamente bei erkrankten Menschen oder erkrankten Tieren ihre Wirkung verlieren. Da jeder Einsatz von Antibiotika letztlich die Resistenz fördern kann, muss sichergestellt sein, dass Antibiotika bei Heim- und Hobbytieren sowie bei Tieren, von denen Lebensmittel gewonnen werden, nur dann eingesetzt werden, wenn sie unbedingt erforderlich sind.“

 

Von diesen gesetzlichen Vorgaben abgesehen möchten wir im Sinne der Tiere gute Tiermedizin leisten und unsere Patienten verantwortungsvoll betreuen. Im Praxisalltag betrifft diese Thematik vorallem Präparate für die Behandlung von Augen und Ohren. Folgende Informationen sind für Tierhalter wichtig:

 

Ohrenentzündungen können vielfältige Ursachen haben, welche jeweils einer anderen Therapie bedürfen. Sehr häufig sind Hefepilze (Malassezien), Milben, Bakterien, Fremdkörper, Polypen und allergische Ursachen der Grund für Juckreiz und Schmerzen. In der Praxis schauen wir uns das Ohr mit dem Otoskop an und nehmen einen Abstrich, welcher sofort angefärbt und unter dem Mikroskop untersucht wird. Sind die Übeltäter identifiziert, erhalten Sie ein passendes Ohrpräparat. Dies ist das medizinisch und gesetzlich richtige Vorgehen gemäß §12. Einige beliebte Ohrmittel sind Kombipräparate, welche ein Kortison, ein Pilzmittel und ein Antibiotikum enthalten. Diese dürfen aufgrund der Antibiotika-Verordnung jedoch nur nach Untersuchung des Tieres herausgegeben werden.

  

Tieraugen sind wie Menschenaugen sehr sensibel. Eine Rötung, ein Zukneifen oder Reiben mit der Pfote kann ein Hinweis auf eine Bindehautentzündung sein, jedoch auch auf eine Verletzung der Hornhaut, infektiöse Erkrankung wie Herpes oder ein trockenes Auge hindeuten. Besonders wichtig ist die Hornhaut auf Verletzungen mit einem Farbstoff zu untersuchen, weil dann keine Augenpräparate mit Kortison eingesetzt werden dürfen. Außerdem gilt auch hier: keine antibiotischen Augenpräparate ohne Untersuchung des Tieres.

 

Was viele Tierhalter nicht wissen: Seit 2016 gilt ein strengeres Antibiotikagesetz (16. AMG-Novelle). Einige Wirkstoffe stehen seitdem unter einer Antibiogrammpflicht, das bedeutet, es muss ein Abstrich der Wunde oder zu behandelnder Stelle gemacht und in ein Labor zu Bestimmung der Keime und der Wirksamkeit der Antibiotika gemacht werden. Die Kosten hierfür trägt der Tierhalter. Die Verordnung betrifft nur bestimmte Antibiotikaarten bzw -klassen, jedoch einige bewährte Wirkstoffe wie die Injektion des Präparates Convenia, welches 10-14 Tage anhält und deshalb bei Katzen sehr beliebt ist, sowie einige Augenmedikamente.

 

Wir sind stets bemüht, diese Thematiken mit  den Tierbesitzer offen zu kommunizieren und die für den individuellen Fall beste Lösung bzw. Therapie zu finden, bitten jedoch um Verständnis, dass wir uns an die aktuelle Gesetzeslage halten müssen.